Bayerische Mannschaftsmeisterschaft U12 2019 2.Runde

In der 2. Runde der Bayerischen U12-Mannschaftsmeisterschaft wurden wir mit der Ausrichtung betraut. Drei Gästeteams und unsere favorisierten Schachkids spielten um den Einzug in die 3. Runde in der St. Heinrich-Klause.

1. Runde :
SG 1882 Fürth - SC Bechhofen 4-0

Der Auftakt gegen das neu formierte Böse-Team wurde nicht zum Stolperstein.

Brett 3:
Philipp holt sich mit einer Fesselung einen Bauern. Der ICE macht Druck, aber auch einige Gleisarbeiten stehen auf dem Sanierungsplan. Auf der Strecke bleiben 2 Bauern, aber Philipp gewinnt einen Springer, der einen bitteren Zwischenzug versuchte. Der Springer wird geschlagen und nun läuft der Freibauer zur Dame.
1-0

Brett 4:
Sarah gewinnt in der Russischen Partie einen Bauern. Anschließend ist ihr Gegner zu nachlässig mit seinen Figuren. Es gehen 3 Leichtfiguren nacheinander verloren und Sarah gewinnt ohne Probleme.
2-0

Brett 2:
Nach einer misslungenen Eröffnung steht Benno etwas besser. (Diagramm nach 14...Ld7)



Nun sollte Benno mit 15.S1c3 oder 15.S5c3 fortsetzen, aber er ist fixiert auf den Punkt c7 und spielt: 15.Txe8? und nach 15...Txe8 16.Sc7 Tc8 ist die Partie verloren. Sein Gegner hatte aber genauso viel Respekt vor dem Zug 16.Sc7 und spielte 15...a6?? Nach 16.Txf8 Kxf8 17.Sxd6 Le6 18.Lxe6 fxe6 19.Sxb7 bleiben eine Figur und 2 Bauern auf der Habenseite und wenig später hieß es
3-0

Brett 1:
Nareks Gegner hat einen Blackout und lässt einen angegriffenen Springer stehen. Anschließend spielt er gut, aber es ist zu spät.
Einmal mit einer Mehrfigur ausgestattet, lässt Narek nichts mehr anbrennen.
4-0

Fazit:
Der erwartet deutliche Sieg. Der SC Bechhofen sollte aber kein Maßstab für uns sein, da wir im Schnitt fast 300 DWZ-Punkte besser aufgestellt waren. So wird der weitere Turnierverlauf zeigen, ob wir auch gegen stärkere Gegner bestehen können.


2. Runde:
SG 1882 Fürth - SC Bamberg 4-0

Mit den Bambergern kam eine unbekannte Größe aus dem Bezirk Oberfranken in unser heimisches Stadion.
Trotz eines relativ großen DWZ-Vorsprungs ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste.


Brett 4:
Sarah ist in einem Dreispringerspiel schnell im Vorteil. Nach der langen Rochade ihrer Gegnerin entsteht eine Paprikastellung.



Sarah sollte hier 13.Lxc6! bxc6 14.Da4 spielen. Sollte Schwarz auf 13.Lxc6 mit Dxc6 antworten wäre 14.Sxe5 ein Materialbringender Zug. (Stockfish sagt +1,84) Hier müsste man allerdings mal eine Berechnung anstellen, wie die Varianten nach Lxd1 Sxc6 aussehen würden Stattdessen wählte Sarah hier das passive 13.De1? . Wenige Minuten später stellt Sarah eine Figur ein, aber sie hätte sogar einen einfachen Gewinnzug in petto gehabt.
Stellung nach 15...Dd6-d5?



Der Läufer hängt einzügig und normalerweise überlegt man, wie man ihn am besten rettet. Mit 16.Lc4 gewinnt man entweder den Bauern auf f6 --16...Dd7 17.Sxf6 Df5 18.Sxh5 oder die feindliche Dame geht auf 16...Da5 und man spielt 17.Sh4 Le7 18.a4 und mit einem Vorteil von 1,55 droht nun 19.b4 und die Dame hat kein Feld mehr, womit Schwarz eine Figur auf b4 opfern müsste. Sarah stellte wie gesagt den Läufer ein, indem sie 16.De3?? zog.
Auch im weiteren Verlauf läuft es nicht gut. Als die Gegnerin von allen guten Geistern verlassen wird, wird sie auf der Grundlinie matt gesetzt.
1-0

Brett 2:
Benno spielt gegen Cora (DWZ 986) die in Runde 1 eine sehr starke Partie ablieferte. Aber unser Jungtalent zeigt hier in manchen Partiephasen sein bestes Gesicht. Schon nach wenigen Zügen hat er er folgende Gewinnstellung nach 7...d6 (Diagramm)



8.Sd3 gewinnt einfach eine Figur, aber Benno spielte 8.fxe4? dxe5 9.Db5 c6 10.dxc6



und plötzlich würde Schwarz besser stehen, denn nach 10...Dh4 Kd1 11.Sc6 steht der weiße Monach langfristig "under fire" oder er muss einen Fluchtplan ausarbeiten. Glück für Benno, dass Cora im 10. Zug mit bxc6 falsch beraten ist. Nun geht Benno mit der Dame auf den Jahrmarkt. Als Cora einen Läufer einstellt macht Benno kurzen Prozess.
2-0

Brett 3:
Philipps Motto ist frei nach dem holländischen Fußballtrainer van Gaal, Tod oder Gladiolen. Er versucht ohne Rücksicht auf seine Verteidigung den Angriff zu forcieren und hatte (nicht nur) in folgender Stellung Glück. Diagramm nach 13...Le6-g4



Nach dem Angriff des Bauern d5 musste Philipp hier nach g4 ausweichen. Nun haben wir erneut die Situation, dass mit 14.Sxe5 ein Doppelangriff auf Dame und Läufer einen mittelgroßen Vorteil von 1,5 Bauerneinheiten bringt. Hier muss natürlich in erster Linie die Variante 14...Lxe2 15.Sxd7 Lxd1 berechnet werden und dann sollte man sehen, dass der Bauer auf f6 mit Schach genommen werden kann und der Springer nicht angegriffen werden kann. So könnte man dann im nächsten Zug den Läufer auf d1 zurücknehmen. Philipps Gegner nahm die Chance nicht wahr und spielte 14.c4?
Kurz danach gab es folgende Szene, Diagramm nach 18.Dxe4)



Hier ist zu sagen, dass Schwarz nun mit 18...f5 fortsetzen sollte um dann nach De3 19.f4 weiteren Druck gegen die Rochadestellung zu generieren. Stockfish beziffert hier einen Vorteil von 1,82 für Schwarz.
Philipp spielte hier 18...Sf5 und schon geht ein taktischer Schlag mit c5!! der Lb5 droht und egal was Schwarz hier zieht (19...De7 oder Kf8 wären am besten) würde Weiß nun besser stehen. Noch eine Bemerkung: Lange Rochade ginge nach c5 nicht, wegen c6 und Schwarz kann aufgeben.
Nun gibt die nächste Stellung weiteren Anlaß zur Besorgnis: Diagramm nach 20.Dxe2



Philipp sollte hier 20...0-0-0 spielen, aber auch 20...Sd4 ist nicht von schlechten Eltern.
Er bleibt aber in seinem Thema und will auf der g-Linie Ressourcen erwirtschaften und spielt 20...f6?? Dies kann easy mit
21.Dxh5 widerlegt werden und alle 3 noch spielbaren Züge verlieren:
21...Kd8 21.Se6 Ke7 22.Dxf5 1-0
21...Kf8 21.Se6 Ke7 22. Dxf5 1-0
21...Ke7 22.Df7 1-0
Erneut Glück für Philipp, dass sein Gegner hier 21.Se4?? spielte. Nachdem wir uns nun ausführlich mit dieser Partie beschäftigt haben, nun das letzte Diagramm nach: 26...Sf5-d4



Ein schöner Gegenangriff auf die Dame. Weiß sollte nun 27.De4 oder Dd3 spielen und Schwarz steht nur leicht besser. Aber er zog mit 27.Dd1 einen Verlustzug der nach 27...Df5 aufzeigt, dass der Springer kein Rückzugsfeld hat.
3-0

Brett 1:
Narek muss sich diesmal mit Englisch befassen. Nach ein paar Zügen gibt sein Gegner den Schutzläufer auf g2 auf, um Narek einen isolierten Doppelbauer zu verpassen. Im Anschluss greift er aber zur falschen Deckungsstrategie Diagramm nach 11...La6



Weiß sollte hier mit 12.Da4 den Läufer angreifen und gleichzeitig den c4-Bauern decken. Er versuchte aber 12.b3?? und musste nach 12...Se4 erste Verluste hinnehmen, 13.Sxe4 Lxa1 aber aber, moment mal, die Stellung ist ausgeglichen. Narek verpasste hier den Zug: 12...Sd5!! Der c-Bauer ist gefesselt und so sollte Weiß nun 13.Lb2 spielen um nach 13...Sxc3 14.Dc2 den Rückweg des Springers versperren. Dennoch könnte Schwarz mit 14...Da5 weiter spielen und es ist nicht zu sehen wie der Springer gewonnen werden kann, denn nach: 15.Tfc1 (15.Tac1 geht nicht wegen Sd5) Tfd8 16.Lxc3 Lxc3 17.Dxc3? kommt die taktische Wendung Td1 18.Kg2 Dxc3 und es hängt nach 19.Txc3 der Turm auf a1. Nach dem Qualitätsverlust macht sein Gegner einen weiteren Fehler und Narek spielt fortan mit einer Mehrfigur. "Mit voller Hose ist gut stinken!", sagt man und so findet Narek den ultimativen Gewinn in folgender Stellung:



Narek spielte 47...Lxh4 48.gxh4 Kxf4 und Weiß gab sich geschlagen.
4-0

Fazit:
Mit Sarah und Philipp standen wir deutlich auf Verlust, womit ein 2-2 noch glücklich für uns gewesen wäre. Der Sieg ist klar zu hoch ausgefallen, sicherte aber erfreulicherweise den Einzug in die nächste Runde. Im 3.Spiel ging es um die goldene Ananas, die uns aber gut schmeckt.

3. Runde
SG 1882 Fürth - SC Noris-Tarrasch Nürnberg  3-1

Der Verein, in dem mein Bruder, der Fidemeister, spielt, ist von Beginn an ein ebenbürtiger Gegner. Die Jugend dort ist unter den Fittichen von Carlos Corral zu einer spielstarken Truppe herangewachsen.

Brett 4:
Wir kommen nun zu einer der beliebtesten Varianten im Jugendbereich, zu der ich erst vor kurzem einen ausführlichen Vortrag gehalten habe. Um so erstaunter war ich, dass Sarah den hier üblichen Kardinalfehler begeht, der passiert, wenn man keine Ahnung von der Stellung hat.



Der Fehler ist 5...Sxd5 weil er nach 6.Sxf7 verliert.
Nach 6 Zügen ist die Stellung laut dem Waterloo-Orakel verloren. Gebetsmühlenartig bitte ich unsere Jugend, an dieser Stelle einen der dreei Hauptvarianten zu spielen:
5...Sa5 oder 5...b5 oder 5...Sd4 ODER man muss im 3. Zug einen anderen Zug als Sf6 ziehen. Dies ist alternativlos.
Auch wenn die Gegnerin sich wenig später einzügig Matt setzen lässt, da Sarah ihre Spechteigenschaften immer wieder aufs Brett bringt, kann man über die Ignoranz die dieses Thema betrifft, nur Spekulationen anstellen.
1-0

Brett 3:
Phillipp Levitskii hat zum ersten Mal Weiß und darf seinen geliebten Weressow spielen. Bei den Recherchen sehe ich, dass die Zugumstellung d4-d5 Lg5 sogar den Namen Levizkii-Angriff trägt (Nach dem russischen Schachspieler Stepan Michailowitch Levitskii. Er lebte von 1876 bis 1924 und spielte in jener Zeit gegen Schachgrößen wie Aljechin oder Tschigorin)  Diese Eröffnung ist aber auch unter dem Namen Hodgson-Angriff oder Pseudo-Trompowsky bekannt. Nach 15 Zügen Hochgenuss ist die Stellung ausgeglichen. Als Philipps lästiger Springer vertrieben werden soll, geht dieser auf einen Feldzug, von dem er reiche Beute, nämlich die Dame, mitbringt.
2-0

Brett 1:
Narek bringt seine übliche römische Taktik aufs Parkett. Als sein Gegner hyperaktiv wird (f5 und g5) opfert Narek entgegen seiner DNA eine Figur für 2 Bauern. Stellung nach 25...b5



In der Diagramm-Stellung sind verschiedene Pläne und Strategien möglich.
1. 26. Kg2 (verhindert Sf3, denn dann folgt Sf5 -Schach- und der Springer auf f3 hängt) Se7 27.Ta7 d5 (Sc8?! Ta8) Sg4
2. 26. b4 (verhindert b4 des Gegners) Se7 27.Td3 d5 28.exd5 cxd5 29.Kg2 Td7 30.c3
Nun spielte Narek 26.c3? und der Springer, der die Route über f3-d2 nach e4 nahm, welche auch vom Navi bestätigt wurde, brachte unnötigen Ärger. Als dann noch der schwarze Turm auf der 2. Reihe einbricht, war der Drops gelutscht.
2-1

Brett 2:
Benno muss im geschlossenen Sizilianer sein Spielverständnis beweisen. Zuerst gibt es keinen Feindkontakt, dann aber hängt gleich die halbe Mannschaft. (Diagramm nach 12...d4)



Es folgte 13.exf6 Lxf6 14.Sd1? (besser Se4) dxe3 15.Dxe3 Sd4 und Schwarz steht bereits leicht besser.
Nach einigen Zügen: (Diagramm nach 23.Tfe1)



Hier ein Beispiel wie man sich durch falschen Abtausch verschlechtern kann.
Die Stellung ist nach wie vor einen halben Bauern besser für Schwarz, Grund sind das Läuferpaar und die Schwäche des weißen d-Bauern. Nun schlug Benno 23...Lxe4 24.dxe4 Txd1 25.Txd1 Sd6. Sein Gegner findet nun allerdings nicht den einzigen Zug, der Vorteil verspricht. Mit e5! bekäme er zusätzlichen Raumvorteil. Nach dem Doppelabtausch von Benno geht plötzlich die Bewertung um 1,4 Punkte zurück und Weiß liegt 0,90 Punkte vorne. Der Grund hierfür ist unter anderem die d-Linie die nun Weiß gehört und außerdem ist das Läuferpaar nicht mehr existent.
Stockfish gibt für die Diagrammstellung entweder Ld5 oder Dc7 als beste Möglichkeiten an.
Benno erobert sich einen Freibauern. Nach 41.Df2 konnte er in 9 Zügen matt setzen. (Diagramm)



Benno spielt hier aber "nur" den 7.besten Zug (+9,50) Dd3, der aber dazu führte, dass sein Gegner aufgab.
Hier das Matt in 9 von Stockfish: 1.Tf7! Lxe2 2.Se4 Lc4 3.Dxe1 Tf1 4.Dg3 Kh1 5.Dxh3 Kg1 6.Dg3 Kh1 7.h3 Lxf7 8.Kg7  und nun hat Weiß viele Züge die fast alle mit Dg2 Matt beantwortet werden. Nur auf Tg1 oder Tf2 folgt natürlich Sf2 matt.
3-1

Fazit:
In drei aufregenden Wettkämpfen gewannen wir alle Runden, so kann nur Platz 1 die logische Platzierung sein. Trotz einiger ungewinnbarer Stellungen gaben wir nur einen Brettpunkt ab. In 5 Wochen geht es weiter. Gegner sind die Mannschaften aus Kelheim, Neumarkt und dem Gastgeber SK 1911 Nürnberg.

Wolfgang Heimrath

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