VM 2019 Jugend Bericht 10

Am letzen Spieltag der Jugend-VM kam es zu zwei Partien. Insbesondere ging es in Gruppe Astra noch um den Gruppensieg.

Ziemowit-Rahmath 1-0

Rahmath spielt die Ragosin-Variante im Damengambit. Wjatscheslaw Wassiljewitsch Ragosin war ein bedeutender russischer Großmeister und Analytiker, er war auch der 2. Fernschach-Weltmeister.
Stellung nach 9.Ta1-c1




Schwarz steht gut und sollte nun mit 9...h5 Figurengewinn drohen. Weiß würde wahrscheinlich 10. h3 spielen und so könnte Rahmath mit 10...Sxg3 11.hxg3 Dd6 12.Kf2 seine Königsflügelschwächung früh rechtfertigen.
Stockfish würde allerdings auf h5... folgende Variante auspacken:
10.Da4 Ld7 11.Db3 Lc6 12.cxd5 exd5 13.c4 dxc4 14.Dxc4 und nun h4 15.Le5 f6 16.De6 Kf8 17.Sd2 fxe5 18.Sxe4 und sollte Schwarz den Springer zurücknehmen folgt einfach 19.Dxe5 mit Vorteil für Weiß.
Rahmath spielte hier allerdings 9...dxc4, immerhin der 2.beste Zug in dieser Stellung. Diagramm nach 10...g4



Hier verpasste Ziemowit den Zwischenzug 11.Lh4! Weiter könnte es gehen mit: 11... Dd5 12.Se5 b5 13.Dxg4 Sd7 14.Dg7 und der weiße Vorteil beläuft sich auf ca. 3,24 Einheiten.
Weiß spielte aber 11.Sd2?! worauf sich Schwarz zwischen 11...Sxg3 und Sxd2 entscheiden musste.
Rahmath spielte 11...Sxd2 12.Kxd2, das ist stärker als Dxd2, da der König hier sicher steht und die weiße Dame die Diagonale d1-h5 weiterhin im Visier hat) 12...e5??
Nach diesem Fehlgriff war die Partie verloren. Nach einem weiteren Fehlzug gab Rahmath auf.

Marc-Narek 0,5-0,5
Diese Partie war für die Vereinsmeisterschaft entscheidend. Marc musste gewinnen, da seine letzte Partie gegen Philipp auf Grund der Abwesenheit von Philipp nicht stattfinden konnte.
Marcs unverwechselbarer Angriffsstil zeigt sich bereit nach 5 Zügen. Diagramm nach 5.Dd1-g4?!



Weiß hätte mit 5.Dc2 eine komfortable Stellung. Narek sollte nun mit 5...Sf6 6.Dxg7 Tg8 7.Dh6 Sxe4 Vorteil erreichen.
Schwarz zog aber 5...Df6 und nach 6.e5 Dg6 ging es in seichtere Gefilde. (Das Gefilde – meist in der Mehrzahl die Gefilde verwendet – ist ein gehobenes Wort für eine weite, sonnige, liebliche Landschaft bzw. Flur mit dem Charakter eines offenen, nur sanft geneigten Geländes. Es ist mit dem Wort Feld verwandt. Das althochdeutsche gifildi beschrieb die Gesamtheit von Feldern. Wikipedia) Diagramm nach 11.f2-f4



Betrachten wir diese Stellung. Schwarz hat keine Schwächen und sollte nun mit 11...Sf5 die Drohung Sg3 und Se3 aufstellen, was die Entwicklung von Weiß stört. Der f1-Läufer kann nicht ziehen und der g1-Springer würde auf f3 einen Doppelbauern provozieren. Allerdings könnte Schwarz auf 12.Sf3 sogar einen Bauern gewinnen: 12...Sg3 13.Tg1 Lxf3 14.gxf3 Sxf1 15.Tgxf1 Txh2 und auf Th1 könnte einfach Th6 oder Th5 folgen.
Als zweitbesten Zug von Schwarz empfielt hier Stockfish 11. ... Sa6 gefolgt von dem künstlichen Kf8.
Narek spielte hier aber standardmäßig Sbc6, worauf Marc mit 12.a3?! versucht ein baldiges b2-b4 vorzubereiten. Stattdessen sollte er mit 12.Le1 seinen Läufer umgruppieren. Stellung nach 21.Td1-c1



Trotz gleichen Materials hat Weiß eine hoffnungslose Stellung. Ein Paradebeispiel eines dominanten Springers der den Läufer deutlich in seine Schranken weist. Schwarz hat hier alle Möglichkeiten:
21...Ta4 und wie soll Weiß den d4-Bauer decken?
21...Th3 den Bauer f3 mit Tcf1 zu decken würde den letzten Zug von Weiß ad absurdum führen.
21...f5 ein starker strategischer Zug
21...Th4 zeigt die Hilflosigkeit von Weiß auf
Narek spielte hier 21...Tac8. Eine unnötige Oppositionierung. Die einzige weiße Drohung (Tc5) kann Schwarz jederzeit widerlegen.
Nach Abtausch eines Turms wollte Marc nun auch den zweiten lästigen Turm loswerden. Diagramm nach 23.Th1-c1



Nareks Vorteil schwindet und so wollte er seinen zweiten Turm nicht abtauschen. Er ging mit 23...Th8 auf Beutezug, worauf natürlich 24.Tc5 folgte.
Inzwischen findet Stockfish die weiße Stellung wieder spielbar.
Schwarz sollte hier tatsächlich mit 23...Tc6 fortsetzen oder den Turm tauschen, was ein gefahrloses Remis verspricht.
Nach 23...Th8 24.Tc5 Txh2 25.Kc1 Tf2 bot Narek in folgender Stellung Remis an, was Marc annahm.



Stockfish und der gesunde Schachverstand sagen hier, dass sich nach 27.Txb5 Txf3 28.a4 Th3 (Ta3 geht nicht, da darauf Txd5 gewinnt) 29.a5 Th8 30.Lb4! ein Turmendspiel ergibt, dass die Bewertung von 0,00 aufweist und somit eine 100%ige Remisbreite gegeben ist.
Die mögliche Stellung hier nochmal zum Abschluß meines Berichtes:



Mit diesem Remis ist Narek Jugend-Vereinsmeister und kann einen weiteren Titel auf seinem Erfolgs-Konto buchen.
Narek verlor nur eine Partie (gegen Dennis Reuter) und lieferte die konstanteste Leistung des Turniers ab.
Die Siegerehrung der Jugend-VM ist für nächsten Freitag im Anschluß an das 960-Turnier (Beginn 16 Uhr 30) geplant.
Während Marc sich heute schon wieder auf der Bayerischen Jugend-Blitzmeisterschaft (U14) tummelt, kann Narek getrost in den Sonnenuntergang reiten und die bald anstehenden Sommerferien genießen.

Mit 26 Spielern und Spielerinnen startete die Jugend-Vereinsmeisterschaft. In 3 Gruppen kam es zu spannenden Partien und Konstellationen. Nach jeder Runde habe ich einen Spielbericht verfasst, der helfen soll, vermeidbare Fehler zu vermeiden und konkrete Stellungen zu beurteilen.
Leider konnten einige Partien nicht ausgespielt werden.
Die Sieger der diesjährigen Vereinsmeisterschaft, die sich auf einen Preis bei der Siegerehrung freuen können sind:
Gruppe Astra:
1. Platz Narek Gewondow mit 5,5 Punkten aus 7 Partien
2. Platz Benno Funk (5 aus 7)
3 .Platz Marc Hermann (4,5 aus 6)

Gruppe Bingo:
1. Sarah Zeisler mit 5 Punkten aus 6 Partien

Sarah verlor keine Partie und ließ den Staffelfavoriten Benjamin Estrin hinter sich.

Gruppe Chrysler:
1. Seymen Pazarci mit 7 Punkten aus 7 Partien

Mit 100% konnte Seymen seine Qualitäten jederzeit ausspielen. Mattangriffe und das Ausnutzen von gegnerischen Fehlern stehen ganz oben auf seiner Prioritätenliste.
Gruppenfavorit Emil Jeske landete mit 4 aus 5 auf Platz 2.

Wolfgang Heimrath

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